Stellschrauben für ein bewusstes Miteinander

Was könnten Stellschrauben sein, die Potenziale wie Identifikation, Sorge zum Ort und nachbarschaftliches Engagement beeinflussen und aktivieren können? Aus den Beobachtungen bei unseren Siedlungsbesuchen, aber auch aus der Metron-Erfahrung interdisziplinärer Planung auf verschiedenen Flughöhen formulieren wir Handlungsansätze. Sie richten sich in erster Linie an Gemeinden, Bauträger und Planerinnen, die in den frühen Phasen Weichen stellen können.

Mitbestimmung

Die Räume

Wer sich mit seinem Umfeld identifiziert, übernimmt auch Verantwortung für dessen Pflege und Entwicklung. Mitbestimmungsrechte können dazu wichtige Anreize schaffen; Gestaltungs- und Aneignungsräume bieten informelle Möglichkeit zur Mitbestimmung. Darunter fallen gemeinschaftlich nutzbare Räume für Veranstaltungen, aber vor allem Freiräume im wahrsten Sinne des Wortes: Orte, die Aneignung und Adaption zulassen – auch zu einem späteren Zeitpunkt.

Das Bauliche

Um Aneignung zu ermöglichen, muss klar sein, welche Räume dafür zur Verfügung stehen. Übergänge und Schwellenräume sind entsprechend bewusst und sorgfältig zu gestalten. Gewisse Räume können dagegen ausdrücklich nicht bis ins letzte Detail durchgeplant sein und so der Bewohnerschaft Gelegenheit bieten, sich zu entfalten. Nicht zuletzt unterstützt die Möglichkeit, sich den öffentlichen Raum flexibel anzueignen, die Diversität und Nutzungsvielfalt in dicht genutzten öffentlichen Räumen.

Das Programmatische

Mitbestimmung findet auch auf organisatorischer Ebene statt. So kann etwa die Bewohnerschaft bei der Auswahl neuer Mieterinnen und Mieter, bei Entscheiden über bauliche Eingriffe einbezogen werden. Die Möglichkeit zur Mitbestimmung darf dabei nicht zum Zwang werden oder mit einer Erwartungshaltung einhergehen. In partizipativen Planungsprozessen sind die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Nutzer möglichst frühzeitig aufzunehmen, denn Mitbestimmung erhöht die Akzeptanz von Entscheiden und schafft benutzergerechte Lösungen.

Wer kann auf welcher Ebene was beeinflussen?

Die folgenden Handlungsansätze zeigen anhand von Beispielen, wie Mitbestimmung organisiert und angeboten werden kann, um Nachbarschaft zu fördern.

Spielregeln des Zusammenlebens gemeinsam festlegen

Ebene
  • Strategie/Idee
  • Projekt
  • Organisation
Zuständigkeit
  • Gemeinde/Stadt
  • Trägerschaft
  • Bewohnerschaft
Mitbestimmungsrechte bieten verschiedene Möglichkeiten der Einflussnahme, etwa bei der Auswahl neuer Mieterinnen und Mieter, bei baulichen Eingriffen (z.B. Renovation, Erneuerung) oder Aushandlung von Spielregeln des Zusammenlebens (z.B. Hausordnung, Benutzung Räumlichkeiten, Sperrzeiten). Ein Siedlungscoach kann solche Prozesse moderieren.
Umnutzung Chocolat-Fabrik, Aarau, 1989/2009
Sabine Ziegler, ehemaliger Siedlungscoach Siedlung Futura, Schlieren, 2021

Freiräume zur Aneignung offenlassen

Ebene
  • Strategie/Idee
  • Projekt
  • Organisation
Zuständigkeit
  • Gemeinde/Stadt
  • Trägerschaft
  • Bewohnerschaft
Freiräume sind wichtige Treffpunkte in Nachbarschaften. Sie sollten eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten zulassen und so günstige Voraussetzungen für soziale Interaktion, Freizeitgestaltung oder auch kulturelle Veranstaltungen (Quartierfest, Theater etc.) schaffen. Eine klare Zonierung aus Übergängen, Schwellenräumen und einer Abgrenzung zu privaten Aussenräumen verringert das Konfliktpotenzial.
Aussenraumgestaltung Wohnsiedlung Wylerhof, Bern, 2020
Umnutzung Aktienmühle, Basel, 2016

Räume und Infrastruktur partizipativ weiterentwickeln

Ebene
  • Strategie/Idee
  • Projekt
  • Organisation
Zuständigkeit
  • Gemeinde/Stadt
  • Trägerschaft
  • Bewohnerschaft
Partizipative Planungen fördern benutzergerechte Lösungen für Gestaltung und Ausstattung gemeinsam genutzter Innen- und Aussenräume. Die Bewohnerschaft sollte so früh wie möglich einbezogen werden, im Idealfall sogar vor dem Bezug. Ergeben sich mit der Zeit neue Bedürfnisse, werden Anpassungen gemeinsam besprochen und festgelegt. Für gemeinschaftliche Infrastrukturen sind anpassbare Lösungen anzustreben.
Workshop Schulhaus Mühlematten, Villmergen, 2014
Mitarbeiter*innenversammlung Metron